Gefährlich sauber – Die Risiken des Putzwahns

Die Reinigungsbranche in Deutschland boomt: 4,8 Milliarden Euro investierten Verbraucher im letzten Jahr in Haushaltspflege. Doch viele Produkte enthalten gefährliche Chemie-Cocktails. Die Gefahren für Mensch und Umwelt werden meist unterschätzt.

Putzen ist heutzutage mehr, als nur das Zuhause vom lästigen Schmutz zu befreien. „Hyggelig“ soll es sein, also gemütlich – eben ein ordentlicher und sauberer Rückzugsort. Dabei hilft eine Vielzahl von Mitteln zum Wischen, Schrubben, Sprühen und Polieren. Durchschnittlich 15 unterschiedliche Reiniger hat laut Verbraucherzentrale jeder Deutsche zuhause. „Viel mehr als nötig“, findet Haushaltsberaterin Birgit Vetter. Die selbstständige Hauswirtschaftsmeisterin berät Familien in allen Fragen rund um Putzmittel und Haushaltsführung. „Dabei reichen drei, vier Mittel: Ein Oberflächenmittel, ein Sanitärreiniger, ein Spülmittel und vielleicht noch Zitronensäure.“

In den meisten Reinigern stecken wahre Chemie-Cocktails: Bis zu 200 Stoffe werden in diesen Mitteln verwendet, so das Umweltbundesamt. Besonders problematisch sind die beigemischten Duftstoffe, sagen Experten, wie die Chemikerin Dr. Silvia Pleschka vom Deutschen Allergie- und Asthmabund. Denn diese können Allergien auslösen. Einen Reinigungseffekt haben sie nicht. Empfindliche Personen reagieren auf Duftstoffe mit Beschwerden wie Atemnot, Schwindel, Hautjucken oder Augentränen. Für Betroffene eine echte Qual, denn Duftstoffe finden sich praktisch überall. Wer duftstofffreie Alternativen sucht, muss die Liste der Inhaltsstoffe sorgfältig studieren.

Viele Experten halten insbesondere Sprühreiniger für problematisch. Denn durch den Sprühnebel gelangt der Reiniger nicht nur auf Waschbecken oder WC, sondern wird automatisch auch eingeatmet. Die im Reiniger enthaltenen Chemikalien können so in die Lunge gelangen und das Gewebe schädigen.

Auch für unsere Umwelt sind die Chemikalien ein großes Problem. Jährlich landen nach Zahlen des Umweltbundesamts allein aus Wasch- und Reinigungsmitteln 530.000 Tonnen Chemikalien in unserem Abwasser. Hinzu kommen Kosmetika und vor allem Medikamentenrückstände. Zu viel für viele Kläranlagen, weiß Eva-Maria Frei vom Abwasserverband Langen-Egelsbach-Erzhausen. „Die Kläranlagen, die Mitte der 90er Jahre gebaut wurden, sind für die Stoffe, die über Reinigungsmittel oder auch Medikamentenausscheidungen der Bürger ins Abwasser gelangen, nicht ausgelegt, und können das nicht in der Weise reinigen, wie es notwendig wäre.“ Letztendlich gelangen die Chemikalien in unser Grundwasser, in Bäche, Flüsse, Meere.

planet e: Gefährlich sauber – Die Risiken des Putzwahns

Ein Film von Jennifer Gunia
Kamera: Sami Karim / Jürgen Steiger / Dominik van Alst
Schnitt: Mark Broszeit
Redaktion: Martin Ordolff
Leitung der Sendung: Volker Angres

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert